Kabul: Start der Überlebenshilfe für Vertriebene

Mobile Klinik-Teams versorgen in Kabul gestrandete Binnenvertriebene in größter Not

Hamburg, 20.8.2021 – Fünf Tage nach der Übernahme Kabuls startete der Afghanische Frauenverein gestern im Dascht-e-Padula Camp, 15 Kilometer vom Zentrum Kabuls entfernt, medizinische Nothilfe für 1.300 hier gestrandete Binnenvertriebene. „Die in der vergangenen Woche vor Gefechten in Kunduz, Baglan, Tachar und Badaschan nach Kabul geflüchteten Familien harren unter katastrophalen Bedingungen in insgesamt 18 sporadisch entstandenen Camps aus“, sagt Christina Ihle, Geschäftsführerin des Afghanischen Frauenvereins Hamburg. „Sie leben in Parks, in leerstehenden Schulgebäuden und Rohbauten, die ihnen vom Flüchtlingsministerium in der vergangenen Woche noch zugewiesen wurden. Wir helfen mit medizinischer Notversorgung und in den kommenden Tagen mit Verteilungen von dringend benötigten Überlebenspaketen, soweit es die Sicherheitslage zulässt.“

„Wir brauchen dringend Hilfe“, erzählt die 38-jährige Nour Begum dem medizinischen Team. Sie ist mit acht Kindern und ihrem Mann aus dem brennenden Kunduz geflohen. „Wir überleben, weil uns eine lokale Hilfsorganisation mit Mahlzeiten versorgt. Doch zwei meiner Kinder haben schweren Brechdurchfall. Ich habe Hautausschläge, es gibt für uns keine Möglichkeit, zu duschen. Ich sorge mich sehr. Wir haben nichts und wir wissen nicht, wie wir weiterleben können. In Kunduz ist alles von uns verbrannt.“

Eine erste mobile Klinik versorgt 1.300 Geflüchtete

Ein erstes mobiles Klinik-Team, bestehend aus einem Allgemeinarzt, einer Hebamme, einem Psychologen und einem Pharmazeuten behandelte gestern im Akkord vor allem Schwangere und Kleinkinder. „Viele der Kinder sind stark dehydriert und mangelernährt, Fieber und Hautausschläge sind weit verbreitet. Zahlreiche Kinder sind durch die Flucht traumatisiert. Sie schreien in der Nacht und finden keine Ruhe“, berichtet das medizinische Team. Der Afghanische Frauenverein mobilisiert jetzt weitere mobile Klinik-Teams, um die Binnenvertriebenen an möglichst vielen ihrer Aufenthaltsorten in der Stadt gemeinsam mit dem lokalen Partner Union Aid kostenlos medizinisch zu versorgen. Gleichzeitig ist die Verteilung von Familien-Überlebenspaketen mit Grundnahrungsmitteln und Hilfsgütern in Vorbereitung.

„Wir bewertet stündlich die Lage, ob und wann es sichere Zeitfenster gibt, um diese Menschen mit Hilfe zu erreichen, ohne sie und unsere Teams zu gefährden“, sagt Nadia Nashir, Vorsitzende des Afghanischen Frauenvereins, die kontinuierlich mit allen Mitarbeitenden im engen Kontakt steht. „Wir bedanken uns bei allen, die jetzt auch an die Millionen Menschen in Afghanistan denken, die keine Chance haben werden, das Land zu verlassen und größte humanitäre Not leiden. Bitte bleiben Sie an ihrer Seite.“