Afghanistan: Erste Winterhilfe erreicht 24.000 Menschen

„Wann wir das letzte Mal gegessen haben? Ich weiß es nicht“, sagt Kadidja. Seit zehn Monaten lebt die Mutter mit ihren Kindern auf der Flucht. Ihren Mann, einen Sohn und vier weitere Familienmitglieder verlor sie bei Kämpfen um ihr Dorf in Samangan. Kadidja ist eine von bisher 12.100 Menschen, die der Afghanische Frauenverein in den letzten Tagen in den Provinzen Balk, Jawzjan und Samangan mit Winternothilfe erreichen konnte. Die Hilfe geht in den kommenden Tagen weiter. Gemeinsam mit dem Partner Union Aid wird der Afghanische Frauenverein bis zum Jahresende weitere 12.500 Menschen in den Provinzen Kapisa, Parwan sowie im Pajsher-Tal mit Winterdecken, Wasserbehältern, Heizöfen, Gaskartuschen und Grundnahrungsmitteln für drei Monate versorgen, um ihnen das Überleben bei Minusgraden zu erleichtern.

Hilfe in größter Not

Afghanistan erlebt aktuell die größte Hungerkrise seit vielen Jahren. 22,8 Millionen Menschen sind betroffen, 3,5 Millionen Kinder sind von Hunger bedroht, eine Million unter ihnen lebensbedrohlich. Zwei Jahre Dürre haben die Ernten in den abgelegenen Landesteilen zerstört. Durch die internationalen Sanktionen und das Einfrieren der afghanischen Zentralbankgelder kollabiert die Wirtschaft. Nicht nur der Staat kann keine Löhne mehr zahlen, der Tagelohnsektor – wichtigste Einnahmequelle für die arme Bevölkerung – ist zusammengebrochen. Die Inflation der Landeswährung und der Preisanstieg für Grundnahrungsmittel machen Nahrung für Familien nahezu unbezahlbar. „Wir haben unsere Decken auf dem Markt für eine Gaskartusche und einen Sack Mehl eingetauscht“, erzählt ein Familienvater. „Nun haben wir nichts mehr, was wir eintauschen könnten. Bitte lasst uns jetzt nicht im Stich.“

Internationale, politische Lösung dringend erforderlich

„Mit dem aktuellen Wintereinsatz versorgen wir geflüchtete Familien in extremster Not“, so Christina Ihle, Geschäftsführerin des Afghanischen Frauenvereins. „Alleinstehende Frauen mit Kindern und Familien, die sich aus Pappen und Planen notdürftig eine Unterkunft gebaut haben, in Zelten leben oder in offenen Bauten. Doch der Bedarf im Land ist immens. Auch Familien, die bisher dem Mittelstand zugeordnet werden konnten, hungern. Nur eine von 20 Familien in Afghanistan, so eine aktuelle Umfrage des Welternährungsprogramms, kann sich jetzt noch ausreichend ernähren.“ „Humanitäre Hilfe alleine kann diese jetzt landesweit bestehende Not nicht mehr auffangen“, so Ihle. „Es bedarf dringend einer internationalen, politischen Lösung für Afghanistan, die es ermöglicht, Basisversorgungsstrukturen für die Bevölkerung aufrechtzuerhalten – im Gesundheits-, Ernährungs-, im Bildungs- und Einkommensbereich. Grundvoraussetzung dafür ist auch ein funktionierendes Finanzsystem, das das Auszahlen von Löhnen ermöglicht und wieder wirtschaftliche Basisaktivitäten zulässt. Lässt man dieses kollabieren, droht ein Szenario wie im Jemen oder in Somalia.“

Weitere Nothilfe in Planung – Jede Spende hilft

Bereits im Januar plant der Afghanische Frauenverein den nächsten Winternothilfeeinsatz in weiteren Landesteilen. „Es gilt jetzt, so viele Menschen und Kinderleben vor Hunger zu bewahren, wie nur irgend möglich“, so Christina Ihle. „Für jede Spende, für jede Unterstützung dabei sind wir extrem dankbar und hoffen, dass schnellstmöglich deutlich mehr internationale Akteure im Land Hilfe leisten können und die Voraussetzungen dazu einfacher werden.“

Jeder Beitrag hilft und kommt an:

Spendenkonto IBAN: DE28 5708 0070 0680 8505 00. Stichwort: Winternothilfe

Kadidja erzählt: